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BLOG-BEiTRÄGE

Komm mit in Piyas und Bennets Welt 💖 Ich teile mit dir in diesem Blog die ersten Kapitel von Siebzehn Jahre. Ohne mich. Mit dir. mit dir. Ich wünsche dir viel Freude beim Lesen. Alles Liebe, Andrea

 

ZWEI

Siebzehn Jahre zuvor | Bennet

Da ist sie.“ Marek schulterte seinen Rucksack, als wir aus dem Bus stiegen. Für ihn war es unverständlich, dass er noch immer nicht selbst Auto fahren durfte, obwohl er den Führerschein im Sommer in Los Angeles gemacht hatte. Er hatte dort seinen Onkel besucht und redete seit seiner Rückkehr von nichts anderem. Auch in den letzten Minuten hatte er vor allem seinen Frust über die Unterschiede der beiden Länder bei mir abgeladen.

Ich wies ihn kein weiteres Mal darauf hin, dass er hier zumindest Alkohol trinken durfte. „Wer?“

„Das neue Mädchen.“

Ich blickte mich um und sah gerade noch, wie sie zwischen den Toren verschwand. Ein langer, blonder Zopf wehte ihr hinterher.

„Sie sitzt bei Peters neben mir.“

„Ich wusste, ich hätte in seinen Kurs gehen sollen.“ Marek seufzte.

Ich zuckte mit den Schultern. Marek hatte seine Kurse nicht selbst gewählt. Sein Vater hatte entschieden, worauf er sich in der Oberstufe konzentrieren sollte. Kunstunterricht bei Peters gehörte nicht dazu.

„Wann hast du den das nächste Mal?“

„Heute Nachmittag.“

„Dann lad sie zu meiner Party ein.“ Es war keine Frage und auch keine Bitte.

Jedes Jahr, zu Beginn des Schuljahres, veranstaltete Marek eine Party. Wir kannten uns aus dem Kindergarten und aus mir unerfindlichen Gründen waren wir Freunde geblieben. Unerfindlich waren diese Gründe, weil ich einzigartig zwischen den anderen Jungs war, mit denen er abhing.

Sie alle lebten in großen Häusern, trugen die angesagtesten Klamotten und keiner von ihnen musste nebenbei arbeiten, um am Wochenende ins Kino gehen zu können.

Ich arbeitete seit einem Jahr in der Küche eines Restaurants, weil meine Mutter es gerade so schaffte, uns über Wasser zu halten. Ich mochte den Job. Es machte Spaß, mit den anderen in der Hitze von Herd, Kombidämpfer und Spülmaschine zu stehen und ihnen dabei zuzusehen, wie sie eine Bestellung nach der anderen erledigten. Ich lernte dort viel und sie ließen mich immer mehr Aufgaben übernehmen.

Anfangs war ich nur für das Ein- und Ausräumen der Spülmaschine zuständig gewesen, aber inzwischen schnitt ich Gemüse und in ruhigen Minuten erklärte mir einer der anderen Mitarbeiter, in welcher Reihenfolge ich die einzelnen Bestandteile der Speisen zubereiten musste oder wie ich herausfand, ob ein Steak auf den Punkt gebraten war. Marek würde dieses Leben nie verstehen.

Als Marek und ich im Kindergarten waren, war das anders. Zu dieser Zeit führte ich das gleiche Leben wie er. Mein Vater hatte ein gut laufendes Unternehmen, das Immobilien an Leute vermittelte, die diese wiederum zu einem höheren Preis verkaufen wollten. Allerdings war mein Vater ein Gauner und erzählte den Zwischenhändlern Dinge über die Häuschen, die nicht stimmten. Zum Beispiel, dass die Stromleitungen vor wenigen Monaten erneuert worden wären. Dass das Dach gerade erst überprüft worden wäre. Dass das Feld vor ihrer Nase nicht bebaut werden durfte oder dass die Nachbarn sehr leise, kinderliebe, plauderfreudige oder angesehene und berühmte Menschen wären. Je nachdem, was gerade passte. Bevor er im Gefängnis landete, packte er all sein Geld und verschwand. Bis heute.

Das Einzige, was man ihm zugutehalten konnte, war, dass er meine Mutter aus allem herausgehalten hatte. Sie waren nicht verheiratet und sie musste sich nicht um seine Schulden kümmern.

Marek blieb trotzdem mein Freund, auch wenn seine Mutter sich bei meiner nicht mehr meldete. Und irgendwie war das der Grund, warum er es bis heute war. Manchmal war ich unsicher, ob es nicht der einzige war.

„Warum willst du, dass sie kommt?“ Die Party war in zwei Wochen.

„Sie sieht heiß aus. Ein paar neue Chics wären doch nicht schlecht, oder? Die alten langweilen mich.“

Ich sah ihn angewidert an. „Alter, du klingst wie eine schlechte Kopie von einer amerikanischen Serien-Dumpfbacke.“

Für einen Moment starrte er mich entgeistert an, dann lachte er und schlug mir mit der Faust gegen den Oberarm. Es tat nicht weh. „Ich liebe dich, Mann. Werde nie einer von diesen Arschkriechern, verstanden?“

Ich runzelte die Stirn. Die Tatsache, dass er der Meinung war, ich könnte einer von den Leuten sein, die seiner Ansicht nach so weit unter ihm standen, um überhaupt übers Arschkriechen nachzudenken, missfiel mir. Marek meinte es nicht böse, er war es einfach gewöhnt, dass sich alle unter ihm befanden. Aber bei mir traf er durch solche Äußerungen auf Widerstand.

„Ich geh dann mal. Wir sehen uns.“ Ich hielt ihm die Faust hin und er schlug dagegen.

Ich dachte noch eine Weile über seine Worte nach, aber als ich in den letzten beiden Stunden des Schultags neben dem neuen Mädchen saß, hatte ich Mareks Bitte, sie auf die Party einzuladen, längst wieder vergessen. Oder verdrängt.

„Wir befassen uns heute mit der Typographie. Kann mir jemand sagen, was das genau ist?“

Ein paar Arme schossen in die Höhe. Peters wählte den des neuen Mädchens. „Früher meinte man damit die Gestaltung von Druckwerken. Heute redet man vor allem von der Gestaltung gedruckter Buchstaben.“

„Absolut richtig …“ Er redete weiter, aber ich warf meinen Blick zu dem Mädchen neben mir. Sie war tatsächlich sehr hübsch. Allerdings wirkte sie auch traurig. Und als sie den Blick zu mir wandte, runzelte sie die Stirn.

„Was ist?“ Ich drehte den Kopf wieder nach vorn, aber Peters achtete nicht mehr auf die Klasse. Er durchwühlte den Schrank, der hinter seinem Schreibtisch stand.

„Wir sollen unsere Namen schreiben.“

„Namen schreiben?“

„Namen schreiben.“

Ich verstand sie nicht und sie lachte auf. Die Trauer verschwand aus ihrem Gesicht und ich lächelte, weil ihr Lächeln mich ansteckte. „Okay, sorry. Ich habe nicht zugehört.“

„Das sehe ich. Wir sollen den Namen unseres Tischnachbarn in irgendeiner Druckschrift auf ein Blatt Papier bringen.“ Sie schlug ihr Buch auf, blätterte darin herum und deutete dann auf eine Seite. „Hier sind ein paar Beispiele.“

„Also, sollen wir das einfach nur abmalen?“ Ich hatte Kunst gewählt, weil es etwas Entspannung zwischen Mathe und Physik brachte, nicht weil ich darin besonders gut war.

„Bennet, wirst du jemals zuhören, wenn ich etwas sage?“

„Ich würde es zumindest nicht ausschließen, Herr Peters.“ Ich grinste ihn an und er lächelte zurück. Ich mochte ihn. Er verstand, dass eine Menge Druck auf uns lastete und versuchte, ihn in seinem Unterricht zu minimieren.

„Erklärst du es ihm bitte?“ Er sah zu dem neuen Mädchen und sie nickte. „Alles klar.“ Er klopfte mit der Handfläche auf den Tisch, der Ring an seiner Hand machte dabei ein klackendes Geräusch, und ging weiter.

„Wir sollen als Erstes versuchen, die Schrift zu kopieren.“ Sie wirkte nicht genervt, eher belustigt. „Und wenn wir das geschafft haben, verändern wir die Schrift so, dass irgendwie unsere eigene entsteht.“

„Stehst du auf dieses Fach?“

Sie presste die Lippen aufeinander. „Es geht.“

„Okay, dann legen wir mal los. Ich heiße Bennet.“

Sie legte den Kopf schräg. „Ich weiß. Doppel N oder Doppel T?“

Ich lächelte. Die meisten schrieben meinen Namen falsch, waren aber zu arrogant, um vorher nach der korrekten Schreibweise zu fragen.

„Doppel N.“

„Ich heiße Piya.“

Ich zwinkerte ihr zu. „Ich weiß. Pia. Hm, dann musst du ja doppelt so viele Buchstaben schreiben wie ich.“

Sie schüttelte den Kopf. „Genau genommen hat dein Name nur vier verschiedene Buchstaben. Genau wie meiner.“

„Häh?“

Sie lachte und griff nach ihrem Bleistift. Und dann schrieb sie P-I-Y-A auf die Ecke meines Blattes.

„Piya? Echt?“

Sie nickte. „Das ist eine indische Schreibweise.“

Ich musterte ihre blauen Augen und die blonden Haare und sie bemerkte meine Verwirrung. „Ich habe nichts mit Indien zu tun. Meine Eltern haben den Namen gewählt, weil meine Mutter eine Freundin hatte, die so hieß.“

Ich schüttelte lachend den Kopf.

„Was ist?“

„Ich dachte immer, die anderen Leute wären Idioten, weil sie meinen Namen falsch schreiben. Dabei bin ich genauso ein Idiot.“

Sie musterte mich. „Du siehst eigentlich nicht aus wie ein Idiot.“

„Danke.“ Ich lächelte und senkte den Blick auf die vier Buchstaben, die sie auf mein Blatt geschrieben hatte. Piya.

Den Rest des Unterrichts verbrachten wir zeichnend und in Gespräche darüber vertieft, wer wir waren. Sie erzählte mir von ihrem alten Zuhause und ich erzählte ihr von ihrem neuen. Es war ziemlich offensichtlich, dass sie nicht hier sein wollte. Und ich verstand sie. Ich würde selbst von hier verschwinden, sobald ich die Schule beendet hatte.

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